Unsere Redaktion zu Besuch bei Udo Däinghaus
Inhaltsverzeichnis:
- Udo Däinghaus und der Scharder Hof
- Das Prinzip "Lean Production"
- Milchpreise
- Die Fütterung der Kühe
- Die Klauenpflege
- Mortellaro
- Klimawandel & Nachhaltigkeit
- Die Leistung der Kühe
- Urlaub?
- Fazit
Udo Däinghaus und der Scharder Hof
Der Scharder Hof von Udo und Claudia Däinghaus liegt im Oberbergischen Kreis, gute 50 km vor den Toren von Köln. Udo bewirtschaftet den Hof in der mittlerweile 11. Generation, war jedoch nicht von Anbeginn auf dem Hof tätig.
Als Angestellter im Schlosserbereich in einem ortsansässigen Unternehmen erlernte Udo ab 1992 die Landwirtschaft als Nebenerwerb in der Abendschule. Seine Prüfung schloss er mit normal ausgebildeten Landwirten ab – und das so gut, dass er anschließend die Meisterschule besuchte. Sein Meister-Stück – ein neu gebauter Stall – kann sich buchstäblich als Meisterstück sehen lassen! 2005 übernahm er dann den elterlichen Betrieb komplett.
Udo hat uns auf seinem Hof empfangen – ruhig, souverän und sehr gelassen stellt er sich meinen Fragen. Bei meinen Recherchen hatte ich ganz schnell herausgefunden, dass Udo ein sehr aktiver, umtriebiger und engagierter Mensch ist! Er selbst beschreibt sich als Allrounder, der ohne die Arbeitsleistung und den Rückhalt seiner Familie absolut nicht funktionieren würde. Neben ihm und seiner Frau Claudia gehören Sohn Marco und Tochter Lena zum Familien-Team. Marco besucht derzeit die Fachschule in Köln und ist jede freie Minute auf dem Hof tätig. Lena arbeitet bei der Landwirtschaftskammer NRW und ist die „Feuerwehr“ auf dem Hof. Sobald es eng wird ist sie sofort da und packt tatkräftig an!
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Das Prinzip "Lean Production"
Sohn Marco möchte den Betrieb übernehmen! - und bringt durch seine Ausbildung und den hohen Lerninhalt sehr viele Ideen ein.
Udo steht dem keinesfalls skeptisch sondern sehr offen gegenüber. Er selbst praktiziert für sich erfolgreich eine „Lean Production-Strategie“, also gerne „bequem“, wie er selber von sich sagt. Er hat zum Beispiel keinen Futtermischwagen sondern füttert mit dem Radlader – eine von vielen Strategien, die ihn jedoch zum Erfolg geführt haben. Ideen und Weiterbildungen sind für Udo als Beispiel Fachzeitschriften oder auch der Besuch anderer Höfe; denn „mit den Augen klauen“ ist seiner Meinung nach schon immer erfolgreich gewesen.
Fakt ist für ihn (und das betont er mehrfach in unserem Gespräch): An dem Tag, an dem Marco den Betrieb übernimmt, ist Udo damit durch. Seine Devise ist ganz klar; jeder Betriebsleiter muss seinen eigenen Weg finden und gehen!
"Wenn man Betriebsspiegel sieht, in denen die Kühe eine Durchschnittsleistung von 12.000 l haben - das muss man schon können! Da muss man den Kühen den Arsch nachtragen." (Udo Däinghaus)
Milchpreise
Ich spreche Udo auf das Thema Milchpreise an. Bei meiner Recherche im Vorfeld war das immer wieder Thema, der genannte Preis für den Liter Milch war meist gleich, das Jahr der Aufzeichnung oder Ausstrahlung der jeweiligen Sendung jedoch immer ein anderes. Udo erklärt mir, dass es seit nunmehr 40 Jahren den Milchpreis von ca. 0,40 €/l gibt und stellt sich und mir gleichzeitig die Frage, warum man nicht einfach 2 % jedes Jahr mehr bekommen kann, so wie andere Erwerbstätige auch? Spaßeshalber hat er mal den Milchpreis aus den 80er Jahren mit den 2 % Steigerung sowie Zins und Zinseszins ausgerechnet und kam tatsächlich auf 0,70 €/l. Gäbe es heute den Milchpreis von 0,70 € - 0,80 €/l, dann käme man damit parat. Man könne damit auch politische Rahmenbedingungen finanzieren, z.B. Futtermittel und Güllekeller-Anlagen. Tatsächlich gab es im Jahr 2022, bedingt durch den Beginn des Ukraine-Krieges und die Knappheit der Lebensmittel auf dem Weltmarkt für eine gewisse Zeit einen Preis von 0,60 - 0,70 €/l.
"Wir haben einen vernünftigen Milchpreis, wenn irgendwo auf der Welt eine Katastrophe passiert."
Udo konnte in dieser Zeit für sich feststellen, dass er damit ganz anderes wirtschaften und vor allem planen konnte. Was ihn an der Situation besonders ärgert ist die Tatsache, dass der Endverbraucher noch lange durch die Kontrakte der Lebensmittelindustrie einen erhöhten Preis zahlte – die Bauern davon aber schon lange nichts mehr bekamen.
„Und am Ende des Tages streiken Verbraucher für eine 4-Tage-Woche; das ist für einen Landwirt schon mal wie ein Schlag ins Gesicht!“
Die Fütterung der Kühe
Während wir in unser Gespräch vertieft sind, kauen die Kühe hinter mir. Angesprochen auf die Fütterung erklärt Udo, er füttere überwiegend das eigene Gras, also Grassilage. Da das 4-5 mal gemähte Gras sehr viel Eiweiß enthält, bekommen seine Kühe als Ausgleich zusätzlich Presschnitzel. Um diese haltbarer zu machen, kommt oben drauf eine „Pampe“ - der Apfeltrester -, welcher verhindern soll, dass es zu Schimmelbildung kommt. Dieser Vorgang hat sich sehr bewährt, und daher nimmt man gerne den erhöhten Arbeitsaufwand in Kauf. Sein System sei kostengünstig und zudem ein gutes Futtermittel. Gefüttert wird mit der Schaufel am Radlader; damit schiebt Udo seinen Kühen neben der Grassilage noch eine Spur Pressschnitzel oder Mais zu. In den Jahren, in denen - bedingt durch Dürre - Futter zugekauft werden musste, war Mais die erste Wahl.
Er lächelt verschmitzt, als er mir erzählt, dass er glücklicherweise einen guten Bekannten mit einer Biogas-Anlage hat – der habe immer Mais für ihn.
Die Klauenpflege
Udo steigt begeistert ein, als ich ihn nach dem Thema Klauenpflege frage. Da ist Claudia zu 100% die treibende Kraft! „Meine Frau hat ein absolutes Händchen für die Tiere, setzt sich mit so viel Herzblut ein und ist bei den Tieren die wegweisende Kraft“, erzählt er mir nicht ganz ohne Stolz.
Mittlerweile käme der Klauenpfleger dreimal im Jahr zu ihnen auf den Hof. Udo kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, als er die Klauenpflege noch selbst gemacht hat: Eine körperlich sehr anstrengende Arbeit! Daher habe er damals immer mal wieder 10 Kühe geschnitten und dann aber festgestellt, dass er durch diese Unregelmäßigkeit die Klauenpflege auch mal hat schleifenlassen. „Läßt du den Klauenpfleger kommen, dann hast du einen festen Termin und weißt anschließend, dass alles erledigt ist“, so Udo. Zudem würde der Profi Probleme eher erkennen als er selbst. Das musste Udo sich irgendwann einfach eingestehen; wenn er die Klaue geschnitten hatte und meinte, da ist nichts und der Profi drei Tage später doch etwas fand. Zudem hat er die Erfahrung gemacht, dass er die Klaue einfach zu flach geschnitten hätte.
Anfänglich einmal pro Jahr kommt sein Klauenpfleger nunmehr alle vier Monate auf den Hof. „Aus Überzeugung!“, wie Udo betont. Sind die Abstände größer, dann muss er doch wieder selbst ran, muss verstärkt ein Auge auf einzelne Tiere haben und bekommt die Klauenpflege nicht immer konsequent in seinen Arbeitsalltag eingebaut. Der Klauenpfleger koste zwar sein Geld, aber Udo ist sich ziemlich sicher, dass es sich rechnet, obwohl er das nicht genau beziffern kann. Was ihm in seiner Theorie eindeutig Recht gibt, ist die Tatsache, dass der Hof mittlerweile sehr viele alte Kühe hat, die dieses Alter nicht erreicht hätten, wenn ihr Fundament - sprich die Füße – nicht stimmen würden.
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Mortellaro
Obwohl so manch ein Landwirt nicht gerne darauf angesprochen wird, bleibt Udo beim Thema „Mortellaro“ sehr entspannt. Eine hochansteckende Krankheit, mit der wohl die meisten Landwirte schon konfrontiert waren; also nichts, wofür es sich zu rechtfertigen oder gar schämen gilt.
"Früher in der Anbindehaltung war Mortellaro eher kein Thema; seit der Laufstallhaltung ist es einfach ein."
Auch hier sei Claudia erneut die wegweisende Kraft – die Stallhygiene ist für sie fundamental wichtig! Jede Fuge und jede Ecke wird sauber gekratzt, Einstreu mit Kalk und als Profilaxe setzt man seit Jahren ein Klauenspray ein. Zu Beginn des Monats wird an einem Tag morgens und abends mit zwei Leuten gemolken; dabei übernimmt einer die Reinigung mit dem Schlauch und spritzt gründlich die Klauen. Die Kühe, welche ein Problem haben, heben umgehend das Bein an und werden dann sofort mit dem Klauenspray von Allredo behandelt. Zusätzlich hat Udo sich angewöhnt, morgens beim Melken den Kühen mit einer Bürste die Beine sauber zu machen; dabei fährt er mit der Bürste am Klauenrand vorbei. Reagiert eines der Tiere darauf empfindlich, dann besteht schon Handlungsbedarf! Dabei resümiert er für sich, warum er die Idee seines Sohnes für einen Melkroboter nicht unbedingt unterstützt. Das, was Udo morgens und abends beim Melken alles sieht, das würde ihm damit entgehen. Alternativ müsse er dann doch zusätzlich zum Melkroboter immer konsequent beim Melken seine Tiere überprüfen.
Schlussendlich sei auch das immer eine individuelle Entscheidung des Betriebsleiters, für welches System man sich entscheide – Udo möchte erst mal noch bei seinem bewährten System bleiben.
Klimawandel & Nachhaltigkeit
Beim Thema Klimawandel sieht man, wie sich ein Schatten auf sein Gesicht legt. „Ein immerwährendes Thema, an dem die Landwirte grundsätzlich die Schuld tragen.“ Er umreisst das Thema kurz und knapp mit den Schlagworten „Politik, hohe Investitionen, gleichbleibender Milchpreis und dem Ende der Fahnenstange.“ Das Thema Klimaschutz scheint jedoch auf der anderen Seite die reisefreudigen Menschen nicht zu betreffen. Und jetzt kommt Udo richtig in Schwung; neben dem Klimaschutz ist er sauer, wer den Landwirten das Thema Nachhaltigkeit beibringen will. „Die Landwirte arbeiten in Generationen und nicht in Legislaturperioden oder Zehn-Jahres-Abschnitten.“
Die Leistung der Kühe
"Wir verlangen von unseren Kreaturen so hohe Leistungen, da muss es ihnen gut gehen! Geht es ihnen nicht gut, dann haben wir die Leistung nicht. Wir wollen jedoch von unseren Tieren leben und existieren!"
Aus diesem Grund findet Udo es so schlimm, dass „immer die Landwirtschaft an allem Unheil dieser Welt verantwortlich ist.“
Unerwartet stellt er mir mit einem verschmitzten Lächeln die Frage: „Wie viele Liter Blut gehen beim Stoffwechsel durchs Euter,um einen Liter Milch zu produzieren?“ Ich bin an dieser Stelle sowohl ratlos als auch ganz mutig (und nicht wirklich überzeugt) als ich „300 Liter“ sage. Nein, es sind wohl 500 Liter; Kühe, wie faszinierend diese Hochleistungssportlerinnen doch immer wieder sind!
Urlaub?
Kennt Udo eigentlich das Wort „Urlaub“? Ja, wegfahren; ein Thema, was er auch erst lernen und üben musste. Daher hat er ein festes Wochenende im Jahr, an dem er mit dem Kegelklub unterwegs ist. Ein paar Tage Urlaub mit seiner Claudia will er mittlerweile auch unbedingt einplanen. Da bietet sich meist die Zeit nach dem ersten Schnitt Anfang Mai - Anfang Juni an.
Und während wir beide über seinen Hof wandern, er mir seinen beeindruckenden Fuhrpark und weitere Ställe zeigt, frage ich Udo worüber er so richtig herzhaft lachen kann. Die Antwort erstaunt mich sehr: „Wir haben einen ‚Hecki‘ - der bringt mich zum Lachen!“ Wenn die Familie morgens in den Stall ging, dann sprach seine Frau mit jemandem - was zum großen Erstaunen von Udo führte. Nach Udos Frage, warum seine Frau mit der Hecke spricht, erfuhr er von einer wilden Katze, die neben dem Stall in eben jener Hecke wohnt. Kurz entschlossen wurde ein warmer Platz in der Garage gefunden, wo die scheue Katze wohnen durfte. Sie wurde gefangen, geimpft und durchgecheckt – sehr zum Unmut des wilden und scheuen Tieres. Sie dankte es der bemühten Claudia, indem sie sie beim Füttern ordentlich gebissen hat. Enttäuscht von dem undankbaren Tier wurde die Tür geöffnet und gesagt: „Dann such dir ein neues Zuhause!“
Die Katze ist geblieben – und nicht nur das: ‚Hecki‘ (ja, das Tier hört auf diesen Namen) begleitet die Familie auf Schritt und Tritt.
Fazit
Das Resümee unseres Besuchs?: Auf dem Scharder Hof lässt es sich gut leben - sowohl als Mensch als auch als Tier! Und das funktioniert nicht ohne Grund: Weil die Familie gemeinsam an einem Strang zieht, und jeder in seinem Bereich täglich sein Bestes gibt!
Ein Dank von uns an Familie Däinghaus, dass sie uns diesen Einblick ermöglicht hat!